Stellungnahme von Melek Bektaş zum Ende der öffentlichen Anhörungen des PUA Neukölln-Komplex

An den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss

Mein Sohn Burak ist auf einer ganz offenen Straße erschossen worden. Es war nicht im Wald, nicht in einer Sackgasse, nicht in irgendeinem versteckten Winkel wo nie jemand lang geht. Wie kann man da den Mörder nicht finden? Wie denn? Ich kann das nicht verarbeiten.

Ich war fix und fertig die ersten Tage. Aber niemals hab ich gedacht, dass der Täter nicht gefunden wird.
Warum wurde zu Rolf Zielezinski nicht richtig ermittelt? Es wurde gesagt er hat nichts mit dem Mord an Burak zu tun. Wie kann man da so sicher sein? Er passt zu der Beschreibung der Zeugen, das Alter passt auch. Wie kann die Staatsanwaltschaft dann einfach behaupten, dass er nichts damit zu tun hat? Es kommt mir so vor, als ob sie dann schon wissen wer der Täter ist.

Meine Botschaft an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss:

Macht mehr Druck!
Nichts soll unter den Teppich gekehrt werden.
Keine Akten sollen zugemacht werden.

Ich habe den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss an einem Tag besucht. Die Sitzung hat mich sehr wütend gemacht. So oft „ich kann mich nicht erinnern.“!

Wir müssen die ganze Zeit kämpfen und Forderungen an die Ermittlungsbehörden stellen. Das ist eigentlich gar nicht meine Aufgabe. Wo ist hier die Demokratie? Wenn Sie sagen wir leben in einem demokratischen Land, sollen Sie auch für Gerechtigkeit sorgen.

Ich will wissen wer der Mörder meines Sohnes ist. Das ist mein Recht. Er soll bestraft werden. Der Mord muss aufgeklärt werden!

Stellungnahme von Philip Holland zum Ende der öffentlichen Anhörungen des PUA Neukölln-Komplex

To the Committee.

Luke loved life. He accomplished a great deal in his short life, he became a lawyer, he spoke Japanese, a little German, which enabled him to help start a business in Berlin, and strived to improve his life and help improve the lives of others.

He had friends of various nationalities and religions, more than 200 of whom attended his funeral. He told me how safe and diverse Berlin was, but ironically he was murdered by a person who disliked foreigners being in his country.

I do not know what the aim or outcome is intended for this enquiry but hope it is to recommend and pursue, that investigations by the police and prosecutors, into racist and neo nazi crimes, are undertaken more vigorously without prejudice and that they understand that if not, there will be consequences.

The judge in my sons case, felt that, even though a blood alcohol test was not taken, the murderer was under the influence of alcohol, that Luke did not suffer and that the Nazi memorabilia, guns etc, found in his apartment, did not prove he was a Neo Nazi, hence deducted years from his final term time in prison.

When my wife confronted the murderer at the end of the trial, and asked why he killed our son, his one word answer was Engish.

I Feel, with anger in my heart, that if the investigation in Burak Bektas murder had been investigated as it should have been, without prejudice or racist bias, my son Luke, and consequently my wife Rita would still be alive today.

Thank you

*****Deutsch*****

An den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss

Luke liebte das Leben. Er hat in seinem kurzen Leben viel erreicht, er wurde Anwalt, er sprach Japanisch, ein wenig Deutsch, was es ihm ermöglichte, die Gründung eines Unternehmens in Berlin zu unterstützen, und er bemühte sich, sein Leben zu verbessern und dabei zu helfen, das Leben anderer zu verbessern.

Er hatte Freund*innen verschiedener Nationalitäten und Religionen, von denen mehr als 200 an seiner Beerdigung teilnahmen.

Er erzählte mir, wie sicher und vielfältig Berlin war, aber ironischerweise wurde er von einer Person ermordet, die es nicht mochte, dass Ausländer in ihrem Land waren.

Ich weiß nicht, was das Ziel oder angestrebte Ergebnis dieser Untersuchung ist, aber ich hoffe, dass sie dazu dient, die Polizei und die Staatsanwaltschaft dazu zu bringen, rassistische und neonazistische Straftaten energischer und vorurteilsfrei zu untersuchen, und dass sie verstehen, dass andernfalls Konsequenzen zu erwarten sind.

Der Richter im Fall meines Sohnes war der Meinung, dass der Mörder unter Alkoholeinfluss stand, obwohl kein Blutalkoholtest durchgeführt wurde, dass Luke nicht gelitten hätte und dass die Nazi-Devotionalien, Waffen etc., die in seiner Wohnung gefunden worden waren, nicht bewiesen, dass er ein Neo-Nazi war, und zog daher in seinem Urteil Jahre von der Haftstrafe des Täters ab.

Als meine Frau den Mörder am Ende des Prozesses zur Rede stellte und fragte, warum er unseren Sohn getötet hat, war seine Antwort mit einem Wort: „Englisch“.

Ich fühle mit Wut im Herzen, dass, wenn die Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş so durchgeführt worden wären, wie sie hätten durchgeführt werden sollen, ohne Vorurteile oder rassistische Voreingenommenheit, dass mein Sohn Luke und folglich auch meine Frau Rita, heute noch am Leben wären.

Vielen Dank

Redebeitrag am 4. Juli bei unserer Kundgebung zur letzten öffentlichen Sitzung

In 49 Sitzungen wurden Betroffene, Angehörige, Expert:innen und viele Polizist:innen, Staatsanwät:innen, höhere Entscheidungsträger:innen bis hin zu ehemaligen Innensenatoren und der unvermeidliche Verfassungsschutz zu den erfolglosen Ermittlungen befragt. Wir sind entsetzt über die Unkenntnis der Polizei zu Rassismus und seinen Auswirkungen. Wir sind abgestoßen von der menschlichen Kälte der Staatsanwaltschaft und Polizei, die von Ermittlungsökonomie spricht, wenn die Angehörigen von Burak Bektaş und Luke Holland dabei sind und wir sind erschüttert von Aussagen des Verfassungsschutzes, der behauptet „manchmal wissen wir mehr als die Antifa“.

Eine effektive Bekämpfung von Neonazi-Netzwerken scheint mit diesem Apparat nicht möglich zu sein, der nach eigener Aussage nach dem Bekanntwerden des NSU nichts an seiner Praxis geändert hat.

Das Beharren des Apparates scheint sehr groß zu sein, genauso wie die Ignoranz und das Wegschauen bei rechter/rassistischer Gewalt und Bedrohung. Trotzdem werden alle Polizeibeamt:innen, Staatsanwält:innen und VS’l:innen bis hin zu den Innensenatoren nicht vergessen, das sie öffentlich Rede und Antwort geben mußten. Ein weitere PUA/parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist möglich. Die sog. Ermittlungspannen, also der Unwillen gegen rechte/rassistische Netzwerke zu ermitteln, wollen und können wir nicht hinnehmen.

Gleichzeitig hat die rot-schwarze Landesregierung eine Erweiterung der Polizeibefugnisse beschlossen.

Wir denken, das ist die völlig falsche Richtung.

Die Ermittlungsbehörden brauchen mehr öffentliche und demokratische Kontrolle, nicht mehr Macht. Der Polizeiapparat muss reduziert werden, damit er kontrollierbar wird. Der Verfassungsschutz kann weg. Er hat nicht beigetragen zur Verhinderung von Straftaten und auch nicht zur Aufklärung.

Gegen eine Polizei, die Rassismus nicht buchstabieren kann, gegen eine Staatsanwaltschaft, die aus dem NSU nichts gelernt hat, gegen einen Verfassungsschutz der nur Mauert. Für eine öffentliche und demokratische Kontrolle der Ermittlungsbehörden.

Freitag 4. Juli – 16 Uhr: Kundgebung zur letzten öffentlichen Sitzung des PUA „Neukölln-Komplex“

Der Neukölln-Komplex: Was ist rausgekommen beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss? Was fordern wir?

Kundgebung – Freitag 4. Juli 2025 um 16 Uhr

Berliner Abgeordnetenhaus, Niederkirchner Straße

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex hat für den 4.7. die letzten Zeugen geladen: die ehemaligen Senatoren Geisel (Innen) und Behrendt (Justiz) und den ehemaligen Staatssekretär Akman (Innen).

Danach wird der Ausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit über den Abschlussbericht beraten.

Bei der Kundgebung werden Initiativen, die die 49 Sitzungen des Ausschusses beobachtet haben, ihre Einschätzungen und Forderungen vorstellen.

Für den Abschlussbericht fordern wir:

  • dass er bis Ende 2025 öffentlich vorliegt, damit eine gesellschaftliche und parlamentarische Debatte vor den Neuwahlen im September 2026 möglich ist
  • die Auswertung aller Akten, die der Ausschuss erhalten hat
  • die Benennung aller Aktenbestände, die die Behörden nicht zur Verfügung gestellt haben
  • die Benennung von Zeug*innen, die nicht verhört werden konnten
  • politische Konsequenzen zur Bekämpfung von rechtem Terror und Kontrolle der Sicherheitsbehörden vorzuschlagen
  • Vorschläge zur Verbesserungen für Untersuchungsausschüsse

Außerdem fordern wir die sofortige Veröffentlichung der Wortprotokolle, damit zivilgesellschaftliche Initiativen und kritische Wissenschaft sie analysieren und alle Interessierten sich ihr eigenes Bild machen können.

Kommt alle zur Kundgebung:

Für eine öffentliche und demokratische Kontrolle der Sicherheitsapparates.

Für eine tatsächliche Bekämpfung von Rassismus und Faschismus.

Für eine offene Gesellschaft.

Grußworte nach Kassel am 21. Juni

Sevgili Efe, sevgili İni,
sevgili ve duyarlı arkaşlar,
Kalplerimiz ve düşüncelerimiz bugün sizinle.

Ne yazık ki bu hafta sonu sizinle birlikte olamıyoruz, bu durumdan dolayı üzgünüz. Ancak tüm kalbimiz ve gücümüzle yanınızda olduğumuzu bilmenizi isteriz. Irkçılığa maruz kalan hiç kimse ve kurbanların yakınları asla yalnız değildir ve asla unutulmayacaklardır!

Efe B.’nin ırkçılığın bir mağduru olduğu, resmi kurumlar tarafından en kısa sürede tanınmalı ve hak ettiği tazminat verilmelidir.

Efe B. yalnız değildir — dayanışmamız Efe ile!

Irkçılık mağdurlarını ve bu uğurda hayatını kaybedenleri anıyor, hatırlıyoruz.

Unutmadık! Unutmayacağız!
Anmak, tüm sonuçlarıyla yüzleşmek demektir.
Burak Bektaş inisiyatif Berlin

****Deutsch****

Lieber Efe, liebe İni, Liebe Anwesende,
wir sind heute mit dem Herzen und Gedenken bei Ihnen.

Leider können wir an diesem Wochenende nicht bei euch sein, und das macht uns traurig. Aber wir sind mit all unserer Kraft und von ganzem Herzen in Solidarität mit euch. Niemand, der von Rassismus betroffen ist, und keine Angehörigen von Opfern sind allein – und sie werden niemals vergessen!

Dass Efe B. ein Opfer von Rassismus ist, muss schnellstmöglich von den offiziellen Stellen anerkannt und eine Entschädigung geleistet werden.

Efe B. ist nicht allein – unsere Solidarität gilt Efe!

Wir gedenken und erinnern uns an alle Opfer von Rassismus.

Wir haben nicht vergessen – und wir werden nicht vergessen!
Erinnern heißt, sich den Konsequenzen zu stellen.

Burak Bektaş Ini aus Berlin

—–
Bericht bei ANF: Kassel: Gedenken an rassistischen Mordversuch an B. Efe

14. Mai 2025 – Stellungnahme zum Antrag der CDU

Am 14. Mai 2025 fand ab 17:30 Uhr eine Protestkundgebung gegen den CDU-Antrag, der den 1. Bericht zur rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln in der Versenkung verschwinden lassen sollte und die verantwortliche Bezirksstadträtin abstrafen sollte statt. 150 Menschen kamen zur Protestkundgebung. Wir konnten neben vielen anderen auch unsere Sicht der Dinge auf der Kundgebung vortragen und zu Beginn der Sitzung der BVV Neukölln an die BVV’ler:innen als Flyer verteilen.

Hier unsere Stellungnahme:
Wir haben in dem „Ersten Bericht zu rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln“ einen Beitrag geschrieben. Wir beziehen uns darin u.a. auf unsere Beobachtungen im Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus zum Neukölln-Komplex.

Wir sind bei jeder Sitzung des PUA „Neukölln-Komplex“ anwesend. Uns ist nicht aufgefallen, dass jemals ein CDU-BVV-Neukölln Mitglied anwesend war, genauso wenig wie von den anderen Fraktionen der BVV Neukölln. Dies überrascht uns sehr, da es ja um die nicht aufgeklärten Anschläge in Neukölln geht. Deshalb sind wir nicht überrascht, dass die CDU in der BVV Neukölln unseren Artikel für inhaltlich falsch hält.

Aber danke, dass die CDU immerhin unseren Artikel und den der anderen Autor*innen gelesen hat und bekannt macht. Jetzt lesen sicherlich auch viele den Bericht, auch Dank dafür. Wir hatten schon erwartet, dass niemand den Bericht liest.

3 von 6 Punkten, die die CDU für besonders ablehnenswert hält, stammen aus unserer Feder. Dafür auch Danke.

Unser erster Satz der von der CDU kritisiert wird: „Die Abschaffung des Verfassungsschutzes muß mit Nachdruck betrieben werden. Alle Aussagen im Untersuchungsausschuss belegen, dass diese Institution keinen Beitrag zur Aufklärung des Neukölln-Komplexes geleistet hat oder je leisten wird.“
Alle Polizeibeamten haben auf Nachfrage der Abgeordneten gesagt, dass der Verfassungsschutz nicht hilfreich war bei der Aufklärung und auch nicht bei der Verhinderung der Straftaten.
Der Verfassungsschutz hat sich entlarvt, als ein Verfassungsschützer eingestand, das sie nur manchmal mehr wissen als die Antifa. Wir beharren darauf, dass der Verfassungsschutzes abgeschafft werden muss. Die dadurch freiwerdenden Millionen werden zur Förderung selbstorganisierter migrantischer und antifaschistischer Strukturen eingesetzt.

Die CDU moniert den Satz: „Daher setzt sich die Initiative für die Förderung nach radikaler Reduktion des Polizeiapperates ein.“
Dafür gibt es objektive Gründe: Ende 2019 verbreitete der Berliner Kurier Lügen über den vermeintlichen Hintergrund des Mordes an Burak Bektaş. Als Quelle hatte der Reporter angegeben, dass ihre “Informationen” von der Polizei seien. In einem Gespräch mit dem Oberstaatsanwalt von Hagen, gab er als Grund dafür, dass nicht herausgefunden werden kann, wer dem Berliner Kurier mit falschen Informationen versorgt hat, da der Polizeiapperat so groß sei. Die üble Nachrede und Beschädigung des Ansehens des ermordeten Burak Bektaş blieb ungesühnt. Die Angehörigen mit ihrem durch Polizeibeamten verursachten zusätzlichen Schmerz allein.
Das bedeutet, dass die hohe Zahl von 27.208 Polizist*innen in Berlin dazu führt, das einzelne Polizisten straffrei bleiben. Wenn der Rechtsstaat nicht für alle gilt, also z.B. nicht für Polizisten, ist er grundsätzlich in Frage gestellt.

Zum dritten skandalisierten Satz: „Im Fall der Untersuchungen zum Mord an Burak stellte sich heraus, dass die Ermittlungen chaotisch, halbherzig, schlecht dokumentiert und über Jahre von der Staatsanwaltschaft unkontrolliert waren.“
Die heute zuständige Ermittlerin der Mordkommission des LKA 1 hat genau diese Informationen dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Kenntnis gegeben. Nach ihren Ausführungen haben wir verstanden, warum die Staatsanwaltschaft Berlin behauptet, dass in keinem anderen Mord in Berlin soviel Arbeit investiert wurde. Die Ermittlerin hat dargestellt, das alle Ermittlungen nochmals durchgesehen, zusammengeführt und an vielen Stellen abgeschlossen werden mussten. Und das 10 Jahre nach dem Mord an Burak Bektaş.

Für die Rückfragen der Bezirksverordneten der BVV Neukölln stehen wir genauso gerne zur Verfügung wie höchstwahrscheinlich auch die anderen Beobachter*innen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum „Neukölln-Komplex“.
Das durchschaubare Manöver der CDU, sich mit den eigentlichen Strukturen und Problemen des Bezirks nicht befassen zu wollen, läßt aber nicht erwarten, dass sie sich über den Untersuchungsausschuss informieren werden.

Wir Danken für die Möglichkeit hier unsere Sicht der Dinge darstellen zu können.

kommende Termine

Mittwoch 14. Mai 2025 – 17:30 Uhr – Kundgebung zum Rückzug des “Ersten Bericht zu rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln” – die BVV Neukölln beginnt um 19 Uhr
Rathaus Neukölln – Karl-Marx-Straße 83, 12043 Berlin

Freitag 16. Mai 2025 – 8:30 Uhr – Kundgebung vor dem Abgeordneten Haus
9 Uhr – Beginn der Sitzung des Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex. Geladen sind 5 Zeugen u.a. der Polizist Kollmann, der trotz Verurteilung wegen einer rassistischen Gewalttat weiterhin als Polizist arbeitet
Abgeordnetenhaus von Berlin, Niederkirchnerstr. 5, 10117 Berlin

Montag 19. Mai 2025 – 19 Uhr – Vortrag der Burak-Ini „Neukölln-Komplex auflösen – das Neonazi-Problem in Neukölln“
Lunte – Stadtteil- und Infoladen, Weisestr. 53, 12049 Berlin

Stellungnahme zum Rückzug des Bericht zu rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln

Vor etwa 5 Jahren hat uns das Bezirksamt Neukölln um einen Text über unser Engagement und der rassistischen/rechtsextremen Situation in Neukölln gebeten, wie viele andere gegen Rassismus, Antifeminismus, Homophobie, Antisemitismus, Antziganismus und gegen weitere menschenfeindliche Idiologien aktive Initiativen auch. Wir haben damals einen etwa 3 seitigen Text an das Bezirksamt geschickt, der für uns die Situation treffend beschrieb. Danach passierte nichts.
Jahre später erhielten wir eine Mail, das es jetzt doch einen Bericht zur rechtextremistischen Gewalt etc. in Neukölln geben solle und wir doch bitte unseren Text aktualisieren und kürzen sollen. Wir schrieben zurück, dass wir keine Texte für die Schublade schreiben. Uns wurde zugesichert, dass der Bericht zur rechtsextremen Situation in Neukölln tatsächlich demnächst veröffentlicht würde.
Dann wurde dieser Bericht, recht kurzfristig angekündigt, im März 2025 öffentlich vorgestellt. Die Bezirksoberen glänzten mit Abwesenheit, es gab nur wenige ausgedruckte Exemplare des Berichts. Es wirkte schon da wie eine ungewollte Pflichtübung, zu der der Bezirk Neukölln sich durch den Druck der gegen Menschenfeindlichkeit aktiven Initiativen genötigt sah.

Und jetzt das! Dieser ach so aufregende Bericht, der bereits über 5 Jahre verzögert wurde, weichgespühlt wurde und in keiner Art und Weise ernstgemeint öffentlich vom Bezirksamt vorgestellt wurde, wird nun zurückgezogen! Er sei mit dem Bezirksoberen nicht richtig abgesprochen worden. Aha! Und die CDU ist sowieso für mehr Polizei und was sonst noch? Und eine Linkenpolitikerin, die diesen weichgespühlten Bericht verfaßt hat, soll zurücktreten.

Danke Bezirksamt Neukölln, Danke CDU, Danke Hikel für die Klarstellung! Nazis welcome ist ihr Slogan.

Burak-Ini vom 8. Mai 2025

Unser Beitrag zum „Ersten Bericht zu rechtsextremen Aktivitäten in Neukölln“

„Sie werden unsere Stimmen hörbar machen, das ist unsere Hoffnung.“, so Melek Bektaş, die Mutter des ermordeten Burak Bektaş, auf dem Tribunal zum NSU Komplex im Mai 2017 in Köln

In der Nacht des 5. April 2012 wurde Burak Bektaş in Neukölln auf offener Straße kaltblütig erschossen. Burak befand sich gemeinsam mit vier Freunden auf der Rudower Straße gegenüber vom Krankenhaus Neukölln. Plötzlich kam ein weißer Mann auf die Gruppe zu, schoss auf die jungen Männer und ging weg. Zwei der Angeschossenen überlebten die lebensgefährlichen Verletzungen. Burak jedoch starb.
Ein halbes Jahr nach der „Selbstenttarnung“ des NSU lag die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Mord um eine Nachahmungstat nach dem Muster der NSU-Morde handeln könnte. Eine Konsequenz aus den Erfahrungen zum Umgang mit betroffenen Familien und Überlebenden der NSU-Morde musste daher sein, die Familie Bektaş nicht alleine zu lassen, sondern sie zu unterstützen, um ihre Stimmen hörbar werden zu lassen.
Die Demonstration im Jahr 2006 in Kassel, in der „Kein 10. Opfer“ gefordert wurde, steht zudem für das, was heute als migrantisches Wissen bezeichnet wird. Die Familien der Opfer des NSU erkannten die Verbindung schon lange, bevor alle anderen – auch wir – den NSU nach seiner „Selbstenttarnung“ wahrgenommen haben. Gehört wurden sie nicht.

Im Sommer 2012 gründete sich vor diesem Hintergrund die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş“. Ihre wichtigsten Aufgaben sind:
1. die Aufklärung des Mordes
2. das selbstbestimmte Erinnern an den Mord und die Errichtung eines Gedenkortes
3. die Vernetzung mit anderen Betroffeneninitiativen.

Aktuell konzentriert sich unsere Arbeit auf die kritische Beobachtung des 2022 auf Druck der Betroffenen eingerichteten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und die bundesweite Vernetzung der Betroffeneninitiativen.

Im Untersuchungsausschuss ist jetzt schon deutlich geworden, dass die Ermittlungsbehörden und der Verfassungsschutz keine Konsequenzen aus dem offensichtlichen Versagen in den desaströsen Ermittlungen im NSU-Komplex gezogen haben.
Es wird mit diesem Personal keine Ermittlungsergebnisse geben.

Daher setzt sich die Initiative für die Forderung nach radikaler Reduktion des Polizeiapparates ein. Es ist offensichtlich geworden, dass alle Arbeit in Bezug auf Aufklärung aller Straftaten, die zum Neukölln-Komplex gezählt werden, sinnlos war. Im Fall der Untersuchungen zum Mord an Burak stellte sich heraus, dass die Ermittlungen chaotisch, halbherzig, schlecht dokumentiert und über Jahre von der Staatsanwaltschaft unkontrolliert waren.

Die Abschaffung des Verfassungsschutzes muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Alle Aussagen im Untersuchungsausschuss belegen, dass diese Institution keinen Betrag zur Aufklärung des Neukölln-Komplexes geleistet hat oder je leisten wird.
Das sinnlose Sammeln von Informationen, die weder ausgewertet noch für die Verhinderung oder Aufklärung von rechtsextremen Straftaten nützlich eingesetzt werden, kann eingestellt werden.

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Nachdem der Bezirk Neukölln den Bericht zurückzog veröffentlichte die taz ihn: Bericht als PDF