PM Die Anwälte der Familie Bektaş zum 5. Jahrestag der Ermordung Burak Bektaş

Morgen, am 05. April 2017 jährt sich die Ermordung von Burak Bektas zum fünften Mal. Der damals 22-jährige wurde in Berlin-Neukölln auf offener Straße kaltblütig erschossen. Zwei seiner -ebenfalls migrantischen- Freunde wurden schwer verletzt.

Seitdem wartet die Familie Bektas auf Antworten. Wer hat unseren Sohn und Bruder ermordet? Warum wurde Burak um sein junges Leben betrogen? Ist er das Opfer einer rassistischen Tat? Tut die Polizei wirklich alles, um den Mord aufzuklären?

Auch die Öffentlichkeit ist besorgt, ob der anhaltenden Ungewissheit. Gerade in der türkischstämmigen Gesellschaft sorgt der heimtückische Mord für Diskussionen und Ängste.

Dr. Daimagüler: „Vier Monate vor dem Mord hat sich der NSU selbst enttarnt. Eine mögliche Nachahmungstat erscheint als die zur Zeit wahrscheinlichste Hypothese, nachdem die Polizei laut Akten alle anderen Möglichkeiten eingehend geprüft und verworfen hat. Die Opfer sind migrantisch. Es gab keine Beziehung zwischen dem Täter und den Opfern. Es gab kein Bekennerschreiben. Dies sind Parallelen zu den Morden des NSU, die sich aufdrängen“.

Onur Özata: „Wir haben nicht den Eindruck, dass die Ermittlungsbehörden im rechten Spektrum in ausreichendem Maße ermitteln. So wurden bspw. zwischen 1990 und 2011 über 700 Tötungsdelikte, bei denen eine rechtsextreme Motivation vermutet wird, verübt. Ein Abgleich mit diesen Taten könnte Hinweise auf den Mörder von Burak Bektas liefern. Es ist mir schleierhaft, dass dieser Abgleich, obgleich wir immer wieder genau dies gefordert haben, nicht gemacht wird“.

Ogün Parlayan: „Nicht nur die Familie Bektas lebt in Sorge. Auch in der Bevölkerung herrscht ein bedrückendes Gefühl. Ich stelle eine Erosion des Vertrauens in die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft gerade bei türkischstämmigen Menschen fest. Uns sprechen Menschen aus ganz Deutschland an, die in Sorge sind und uns fragen, ob der Täter endlich ermittelt wurde“.

Die Voraussetzungen der Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt sind laut Gesetz gegeben, wenn eine besondere Bedeutung des Falles vorliegt. Wir haben bereits vor 15 Monaten gefordert, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernimmt. Dies ist nicht nur nicht geschehen. Es fand noch nicht einmal eine eingehende Prüfung statt. Es scheint, als sei die Verunsicherung des türkischstämmigen Teils unseres Landes kein Anlass zur Prüfung in Karlsruhe. Wir fordern, den 5. Jahrestag der Ermordung Buraks zum Anlass zu nehmen, die Ermittlungen zu reaktivieren. De facto scheint die Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen eingestellt zu haben. Die Bundesanwaltschaft muss übernehmen. Es muss endlich auch stärker in eine politische Richtung ermittelt werden. Wir behaupten nicht, dass der Mord an Burak Bektas einen politischen Hintergrund hat. Wir sagen aber, dass nach der Selbstenttarnung des NSU nicht so getan werden kann, als gäbe es keine rassistischen und rechtsextremen Morde in Deutschland. Aus den Akten ist erkennbar, dass eine politische Tat nur oberflächlich geprüft wurde. So fehlen fundierte und regelmäßig erneuerte Anfragen bei Verfassungsschutzbehörden anderer Länder, obwohl beispielsweise Brandenburg nur 7 Kilometer vom Tatort entfernt ist. Was genau haben Sicherheitsbehörden und die Generalbundesanwaltschaft nach ihrem desaströsen Versagen beim NSU „aus dem NSU“ gelernt?