Liebe Familie Arslan, Liebe Familie Yılmaz, Liebe solidarische Menschen,

Wir sind heute hier, weil wir niemals vergessen, und niemals vergessen werden Mölln 1992. Wir erinnern an eurer Seite Bahide, Ayşe und Yeliz, euren Liebsten. Die Vorabende der rassistischen Brandanschläge in Mölln – wir können es nicht vergessen. Die Pogrome im August in Rostock-Lichtenhagen, wie der Staat gewähren ließ, der faschistische Mord an Silvio Meier zwei Tage vor Mölln1992 in Berlin, wir werden nicht vergessen. Weil faschistische Angriffe nicht vergessen werden dürfen.
Seit der Wiedervereinigung sind rassistische, antisemitische, rechte und faschistische Morde, Brandstiftungen und Angriffe bittere Realität in Deutschland: Hoyerswerda, Mölln, Lübeck, Hamburg, NSU, München, Halle Hanau – die Liste ist lang. Die Morde des NSU, der Mord an Oury Jalloh, die Morde hier in Mölln und viele andere Morde zeigen immer wieder die Rolle von Staat und Politik. Und wir sehen immer wieder: Staat und Nazis Hand in Hand. Rassistische/Rechte Morde sind in Deutschland institutionell verankert. Denn Polizei, Justiz, Verfassungsschutz und Politik versagen immer wieder – oder schauen weg.
Seit 1990 zählt die Zivilgesellschaft mindestens 239 Todesopfer rechter Gewalt.
Offiziell anerkannt sind nur 117. Die Zahl rechter Straftaten steigt, aber der Staat verharmlost und leugnet. In Berlin befasst sich endlich ein Untersuchungsausschuss mit dem sogenannten Neukölln-Komplex – den Brandanschlägen und Angriffen auf antifaschistisch Engagierte und den Morden an Burak Bektaş und Luke Holland. Doch was kam heraus?
Von Anfang an wurde in Buraks Fall nicht in Richtung eines rassistischen Motivs ermittelt. Die Ermittlungen wurden verschleppt, Akten wurden zurückgehalten, Verantwortliche wurden sogar befördert. Die Staatsanwaltschaft sprach beim Mord an Burak von einem „perfekten Mord“. Das ist keine Erklärung – das ist Kapitulation!
Und obwohl der Mörder von Luke Holland ein Nazi war, wurde er ohne ein Mordmotiv verurteilt. Behörden, Politik und Justiz wollen nicht aufklären, wollen nicht die Dinge beim Namen nennen.
Würden sie denselben Eifer, mit dem sie institutionellen Rassismus leugnen, in die Aufklärung rassistischer Morde stecken – vieles wäre längst aufgeklärt.
Das Versagen der Behörden ist kein Zufall – es ist strukturell.
Damals wie heute wird mit rassistischer Hetze Wahlkampf geführt von Seiten der CDU und die SPD hält still. Mittlerweile sitzen Faschisten in den Parlamenten. Aber: Wir lassen nicht locker. In Solidarität, mit unserer Geduld und Entschlossenheit werden wir weiterkämpfen – für Aufklärung, Gerechtigkeit und Erinnerung und Konsequenzen. Solange es keine Konsequenzen gibt, wird es weitergehen. Eins ist sicher: Die Angehörigen der Opfer rassistischer und faschistischer Morde und Gewalt und Betroffenen und solidarische Menschen, wir erinnern und wir kämpfen.
Die Erwartungen der Mörder werden enttäuscht.
An der Stelle, an der Burak ermordet wurde, steht heute die Skulptur „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“. Als Zeichen des Widerstands Gedenken wir Silvio Meier. Und wir erinnern Bahide Arslan, Ayşe Yılmaz und Yeliz Arslan.
Kein Vergeben – Kein Vergessen! No pasarán!