Grußbotschaft zum 9. Jahrestag des rechten, rassistischen Anschlags in München OEZ am 22. Juli 2016

Liebe Eltern, Familien und Angehörige,
wir stehen heute gemeinsam mit vielen anderen solidarischen Menschen am Oranienplatz in Berlin, um mit euch eure geliebten Menschen zu gedenken und euch in eurer Trauer solidarisch zur Seite zu stehen.
Wir erinnern an
Armela Segashi – sie war 14 Jahre alt; ihre Schwester erzählt, dass Armela frischen Wind in die Familie gebracht hat, ein friedliches Gemüt hatte und Menschen um sich herum für sich gewinnen konnte. Armela wollte Make Up Artistin werden. Sie wird unendlich vermisst.
Can Leyla – er war 14 Jahre alt; seine Eltern und Bruder erzählen, dass er seine Zuneigung offen ausdrückte, seine Umgebung zum Lachen bringen konnte und leidenschaftlich Fußball spielte. Can wollte Fußballspieler werden. Er wird unendlich vermisst.
Dijamant Zabërgja – er war 20 Jahre alt; sein Bruder erzählt, dass Dijamant ein warmer Mensch war, aufrichtig, hilfsbereit und mit viel Energie. Dijamant war Fachlagerist und wollte eine Familie gründen. Er wird unendlich vermisst.
Guiliano Kollmann – er war 19 Jahre alt; seine Großmutter erzählt, dass Guiliano ausgeglichen war, ein Familienmensch und gerne mit Freunden Hip-Hop gemacht hat. Guiliano hatte einen Ausbildungsplatz zum Offset-Drucker. Er wird unendlich vermisst.
Hüseyin Dayıcık – er war 17 Jahre alt; seine Familie erzählt, dass Hüseyin selbstbewusst, offen, witzig war und eng verbunden mit seinen beiden Drillings-Geschwistern. Hüseyin war in Ausbildung bei Hagebau und wollte Kickboxer werden. Er wird unendlich vermisst.
Roberto Rafael – er war 15 Jahre alt; seine Familie möchte still an Roberto erinnern. Er wird unendlich vermisst.
Sabine S. – sie war 14 Jahre alt; ihre Familie möchte still an Sabine erinnern. Sie wird unendlich vermisst.
Selçuk Kılıç – er war 15 Jahre alt; seine Eltern erzählen, dass Selçuk beliebt und offen war und gerne mit Erwachsenen zusammen gesessen und diskutiert hat. Selçuk wollte bei BMW arbeiten. Er wird unendlich vermisst.
Sevda Dağ – sie war 45 Jahre alt; ihre beiden Söhne und ihr Mann erzählen, dass Sevda bescheiden, humorvoll war und positives Licht um sich und für alle verbreitete. Sevda war eine Inspiration für ihre Familie und arbeitete im Dienstleistungssektor. Sie wird unendlich vermisst.

9 Menschen sind heute vor 9 Jahren bei dem rechtsterroristischen Anschlag in München am OEZ ermordet worden. Sie wurden aus ihrem Leben gerissen, aus eurem Leben gerissen.

Wir wollen heute gemeinsam mit euch, trauern, mit euch gedenken.

Euer Kampf um Erinnern, Gedanken und Aufklären ist auch unser Kampf. Melek Bektaş fordert auf der ersten Pressekonferenz des Solidaritäts-Netzwerks (11. März 2024): „Wer Gedenken will, soll aufklären“. Melek ist die Mutter von Burak, der am 5. April 2012 auf offener Straße in Berlin Neukölln ermordet wurde. Die Tathergang ähnelt den Taten des NSU und ist bis heute nicht aufgeklärt.

Phil Holland richtet anlässlich der letzten öffentlichen Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses folgende Worte an die Abgeordneten: „Ich fühle mit Wut im Herzen, dass, wenn die Ermittlungen im Mordfall Burak Bektaş so durchgeführt worden wären, wie sie hätten durchgeführt werden sollen, ohne Vorurteile oder rassistische Voreingenommenheit, dass mein Sohn Luke und folglich auch meine Frau Rita, heute noch am Leben wären.“ Phil ist der Vater von Luke Holland, der am 20. September 2015 in Berlin Neukölln ermordet wurde.

Rechter Terror trifft uns alle!
Erinnerung ist Widerstand – Widerstand gegen Rassismus, Ausgrenzung und Gewalt. Widerstand für eine offene und solidarische Gesellschaft.