Archiv für den Monat: Februar 2025

Redebeitrag zur Hanau-Gedenkkundgebung am 22. Februar 2025 auf dem OPlatz in Berlin

Liebe Überlebende des rassistischen Anschlags am 19.Februar 2020 in Hanau, liebe Angehörige, die ihr bei diesem Anschlag geliebte Menschen verloren habt, liebe Initiative 19. Februar Hanau,

In diesen schweren Tagen rund um den 19. Februar denken wir an euch und schicken euch unsere Solidarität, Kraft und tiefste Verbundenheit.

Seit 5 Jahren kämpft ihr unermüdlich um Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen und darum, das Gedenken an eure Liebsten wachzuhalten. Mit Demos, Kundgebungen, Ausstellungen, Theaterstücken, Büchern und Lesereisen, Filmen – einer aktuell im Programm der Berlinale, Podiumsdiskussionen, Bildungsarbeit und zahlreichen weiteren Aktionsformen lasst ihr nichts unversucht. Auf beeindruckende Weise habt ihr es geschafft, die öffentliche Aufmerksamkeit von Beginn an auf die Betroffenen zu lenken. Heute kennen wir alle ihre Namen:

Gökhan, Sedat, Said Nesar, Mercedes, Hamza, Vili Viorel, Fatih, Ferhat, Kaloyan

Mit euch zusammen werden wir immer wieder diese Namen, die Namen eurer Liebsten, sagen.

Ihre Namen tragen heute eine Anklage in sich: Warum wurden die Behörden nicht vorher auf den Täter Aufmerksam, obwohl er seine Drohungen im Internet verbreitet und direkt an Behörden geschickt hat? Wieso wurde das Behördenversagen in Bezug auf den Notausgang und den Notruf bis heute nicht aufgeklärt, wieso gibt es keine Ermittlungen? Wieso müssen wir immer noch Angst haben vor ähnlichen Taten? Konkret vor dem Vater des Täters aber auch vor den vielen Menschen mit Zugang zu Waffen, die rassistische oder antisemitische
Weltbilder vertreten?

Wir werden diese Anklagen immer wieder mit euch gemeinsam erheben.

Emiş Gürbüz, die Mutter von Sedat Gürbüz, sagte am Mittwoch beim offiziellen Gedenken in Hanau: „Deutschland und die Stadt Hanau schulden mir ein Leben“.
Auch sie erhob dort diese Anklagen. Die Hanauer Koalition aus SPD, CDU und FDP empfand dies als respektlos. Sie kündigte nun an, keine Gedenkveranstaltung mehr zum Jahrestag von Hanau abzuhalten. Unglaublich! So viel zum Respekt der Hanauer Behörden gegenüber den Opfern und ihrer Trauer. Tatsächlich wollen sie mit ihrem
Verhalten vom eigenen Versagen ablenken, zumal im Wahlkampf!

Sie wollen die Betroffenen zum Schweigen bringen und sie spalten. Sie entziehen ihnen die Solidarität und werfen ihnen gar die Spaltung der Gesellschaft vor.
Das ist Täter-Opfer-Umkehr!

Die Stadtverwaltung wünscht sich wohl Betroffene, die als Statist*innen zu ihrer eigenen Gedenkfeier kommen. Das wird aber nicht passieren.

Die Gesellschaft muss Verantwortung übernehmen. Wer keine Anklagen mehr hören möchte muss endlich Konsequenzen sehen lassen. Bis dahin müssen die Hanauer Behörden diese Anklagen aushalten.

Liebe Emiş und alle Betroffene aus Hanau, wir stehen an eurer Seite! Wir lassen uns nicht spalten.

Auch wir wollen:
Aufklärung, Gerechtigkeit, Konsequenzen

Für Hanau, Für Burak

Für all die vielen Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, mit denen wir uns im Betroffenennnetzwerk solidarisch verbündet haben und für alle anderen, die so einen Raum der geteilten Erfahrungen und gegenseitiger Unterstützung noch nicht finden konnten.

„Susmak yok, mücadele var“, wie Melek Bektaş, Buraks Mutter, beim Tribunal NSU-Komplex auflösen 2017 in Köln gesagt hat. „Wir schweigen nicht, wir kämpfen“. Und das mit euch allen gemeinsam.

Solidarische Grüße

++++

Sevgili 19 Şubat 2020 tarihinde Hanau’da gerçekleşen ırkçı saldırının hayatta kalanları, bu saldırıda sevdiklerini kaybeden değerli aile fertleri, sevgili 19 Şubat Hanau İnisiyatifi,

Bu zor günde, 19 Şubat’ta, sizleri düşünüyoruz ve dayanışmamızı, güçlerimizi ve en derin vefamızı gönderiyoruz.

Beş yıldır, aydınlatma, adalet ve sonuçlar için yorulmadan mücadele ediyorsunuz ve sevdiklerinizin anısını yaşatmak için çaba sarf ediyorsunuz.

Gösteriler, mitingler, sergiler, tiyatro oyunları, kitaplar ve okuma turları, filmler – şu anda Berlinale programında gösterimde olan bir film, panel tartışmaları, eğitim çalışmaları ve sayısız başka eylem biçimiyle hiçbir şeyi denemekten geri durmuyorsunuz.

Etkileyici bir şekilde, başından itibaren kamuoyunun dikkatini mağdurlara çekmeyi başardınız. Bugün hepimiz onların isimlerini biliyoruz ve haykırıyoruz:

Gökhan, Sedat, Said, Mercedes, Hamza, Vili Viorel, Fatih, Ferhat, Kaloyan.

Sizlerle birlikte bu isimleri, sevdiklerinizin isimlerini her zaman anacağız. Bugün bu isimler kendi içinde bir suçlama Barındırıyor: Neden yetkililer, tehditlerini internette yaymasına ve doğrudan yetkililere göndermesine rağmen, katil hakkında önceden bilgi sahibi olmadılar? Neden acil çıkış ve acil çağrı ile ilgili yetkililerin başarısızlığı hala aydınlatılmadı, neden soruşturma yok?
Neden benzer eylemlerden hala korkmak zorundayız?

Özellikle katilin babasından ve ırkçı veya antisemit dünya görüşlerini savunan silahlara erişimi olan birçok insandan mı?
Bu suçlamaları her zaman sizinle birlikte dile getireceğiz.

Sedat Gürbüz’ün annesi Emiş Gürbüz „Almanya ve Hanau şehri bana bir hayat borçludur.“ dediği için Hanau şehir yetkilileri ve politikacıları eleştirileri ağır bulduklarından dolayı artık anma toplantısı yapmayacaklarının açıklamasını yaptılar. Hanaulu yetkililerin, kurbanlara ve mağdurların matemlerine saygıları, tahammülleri buraya kadarmış. O zaman figuranlar değil aktör olmanın zamanı!
Sevgili Emiş ve tüm Hanau mağdurları bizler yanınızdayuz! Bizleri bölmelerine fırsat vermeyeceğiz!

Çünkü biz de istiyoruz: Aydınlanma
adalet
sonuçların kabüllenilmesini Hanau için
Burak için

Dayanışma içinde bileşeni olduğumuz magdurlar ağınadan sağcı, ırkçı ve antisemt şiddetten zarar gören bir çok kişi için ve henüz böyle bir deneğim paylaşımı ve karşılıklı dayanışma alanı bulamayan herkes için.

Melek Bektaş, Burak’ın annesi, 2017’de Köln’deki NSU Komplosu’nu dağıtma tribunalında. “Biz susmuyoruz, mücadele ediyoruz.” ve “Mücadele var, susmak yok,” dedi, Ve bunu hep birlikte haykırıyoruz!.

Susmak yok! Direniş var! Dayanışmacı selamlarımızla,

Burak Bektaş cinayetinin aydınlatılması için inisiyatif.

Pressemitteilung vom 15.02.2025: Kundgebung am 21.02.2025 „Der Oberstaatsanwalt und der Nazi“

Freitag 21.02.2015 / 12:30 Uhr / Abgeordnetenhaus / Niederkirchnerstr. 5 / 10117 Berlin

Vieles im Neukölln-Komplex klingt wie ein schlechter deutscher Krimi. Doch die Geschichte um den Oberstaatsanwalt Matthias Fenner sticht besonders heraus. 2020 ging ein Ruck durch die Berliner Sicherheitsbehörden, als die Berliner Generalstaatsanwaltschaft (GenStA) mitteilte, dass sie sämtliche Ermittlungsverfahren zu der extrem rechten Anschlagserie von nun an selbst übernehme, weil gegen den leitenden Oberstaatsanwalt Fenner, damals Leiter der Staatsschutzabteilung 231, der Vorwurf der Befangenheit laut geworden war. Am Freitag, den 21. Februar muss sich Fenner erstmals in der Öffentlichkeit beim Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex im Abgeordnetenhaus für die Vorwürfe und die mangelnden Ermittlungsergebnisse rechtfertigen. Wir werden da sein, beobachten und die Kundgebung um 12:30 nutzen, um das Gesagt einzuordnen und zu kommentieren.

Hintergrund für den Vorwurf der Befangenheit war eine bekannt gewordene Nachricht des Neonazis Tilo Paulenz, einer von zwei bekannten Hauptverdächtigen der extrem rechten Terrorserie, an einen Bezirksverordneten der AfD Neukölln. In dieser Nachricht schrieb Paulenz, dass der Oberstaatsanwalt Fenner ihm zu verstehen gegeben habe, dass sie sich keine Sorgen machen bräuchten, da er selbst AfD-nah sei. Dies war den Sicherheitsbehörden 2017 aufgefallen, als das Telefon von Paulenz überwacht wurde. Der Vermerk über diese Äußerung wurde jedoch zunächst ohne Konsequenzen zu den Akten gelegt. Erst drei Jahre später wurde der Vermerk öffentlich, als eine Rechtsanwältin diesen entdeckte und eine Beschwerde an die GenStA schickte.

Fenner galt in linken Kreisen schon lange als rechter Hardliner. Er ließ 2017 gegen die Mitglieder einer antifaschistischen Fahrradtour, bei der ein AfD-Wahlkampfstand beschädigt wurde, wegen »Bildung einer kriminellen Vereinigung« ermitteln. Ebenfalls 2017 wurden mehrere Antifaschist*innen von einer Observationseinheit des LKA aufgegriffen, als sie am U-Bahnhof Rudow Plakate mit Informationen über Neonazis anbrachten. Ohne dass die abgebildeten Neonazis Anzeigen stellten, wurde Oberstaatsanwalt Fenner tätig und erwirkte mehrere Hausdurchsuchungen. Das Resultat vor Gericht war ein Freispruch. Der Richter äußerte, dass es hier zu keinem Verfahren hätte kommen sollen. 2019 erhielten mehr als 100 queer-feministische Aktivist*innen Anzeigen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Nötigung, Vermummung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Sie hatten sich mutmaßlich an einer Sitzblockade gegen christliche FundamentalistInnen beteiligt. Fenner veranlasste, dass alle Verfahren einzeln geführt werden mussten und Verteidiger*innen nur einen Fall zur selben Zeit vertreten durften. Der Paragraph 146 StPO – Verbot der Mehrfachverteidigung – wurde während der Verfahren gegen die RAF eingeführt und kommt nur sehr selten zum Einsatz.

Gegen Rechts griff der Oberstaatsanwalt hingegen nicht sehr hart durch. Nach einem brutalen Angriff 2003 auf das Baumblütenfest in Rudow kamen die meisten der über 20 Angreifer (unter anderem Paulenz) mit Einstellungen oder Freisprüchen davon oder entgingen einer Anklage ganz. Am Verfahren war Fenner damals noch als „normaler“ Staatsanwalt beteiligt. Die Skandale und fehlenden Ermittlungsergebnisse während der Zeit, als Fenner die Ermittlungen im Neukölln-Komplex führte, sprechen ihre eigene, sehr deutliche Sprache. 2024 sagte der Polizeibeamte Z. im Prozess gegen Thom und Paulenz aus, dass er es ungewöhnlich fand, dass Fenner Paulenz selbst vernommen habe, zumal dieser in dem Verfahren Geschädigter war. Derselbe Beamte hatte mehr Durchsuchungsorte zur Ermittlung angeregt, was von der Staatsanwaltschaft jedoch nicht umgesetzt wurde. Die Expert*innenkommission, die eingesetzt wurde, um die mangelnden Ermittlungsergebnisse und Vorwürfe gegen die Sicherheitsbehörden zu untersuchen, berichtete, dass 2018 das LKA zudem bei der Staatsanwaltschaft beantragte, Beschlüsse zur DNA-Entnahme bei den Neuköllner Neonazis zu erwirken. Fenner lehnte auch dies ab.

Fenner war viele Jahre leitender Staatsanwalt und trägt die Verantwortung für die mangelnde Aufklärung des Neukölln-Komplex. Der Fall Fenner zeigt auch, wie Nazis durch Sicherheitsbehörden geschützt werden und die Opfer rechter Gewalt alleingelassen. Dass daraus keine Konsequenzen erfolgen, ist ein Skandal und darf nicht so bleiben! Druck aufbauen, Öffentlichkeit schaffen, rechte Machenschaften in Polizei und Justiz lückenlos aufdecken!

Kommt am 21. Februar zum Untersuchungsausschuss und zur Kundgebung um 12:30 vor dem Abgeordnetenhaus. Lasst uns zeigen, dass wir die Betroffenen nicht alleine und die Sicherheitsbehörden nicht davon kommen lassen.

Besucht den Untersuchungsausschuss Neukölln-Komplex ab 9 Uhr im Abgeordnetenhaus – Raum 376, Niederkirchnerstr. 5, 10117 Berlin.

Weitere Termine: 07. März, 21. März, 4. April, 16. Mai, 6. Juni, 20. Juni, 4. Juli 2025 – wahrscheinlich letzte öffentliche Sitzung – jeweils 9 Uhr, Raum 376

aze – andere Zustände ermöglichen
ASP – Agentur für soziale Perspektiven
Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş
VVN-BdA Berlin

Rede zu Buraks Geburtstag am 14. Februar 2025

Guten Tag liebe Familie Bektaş, liebe Freund*innen und Freunde,

heute ist Buraks Geburtstag.

Ein Geburtstag ist ein schöner Anlass, sich zu treffen. Zusammen einen Menschen zu feiern, sich zu freuen, dass er da ist und dass wir ihn kennen. Und sich an zurückliegende Ereignisse zu erinnern, die wir gemeinsam erlebt haben. Geschenke zu überreichen, zusammen zu essen und zu trinken und zu lachen. 22 Jahre war das für Burak so.
Seit 2013 ist das anders an Buraks Geburtstag. Am 5.4. beendete ein Mörder das Leben von Burak und versuchte das auch bei vier seiner Freunde.
Melek Bektaş fragt: „Wer hat das Recht uns sowas anzutun? Die jungen Leute müssen ihren Freund zu Grabe tragen statt mit ihm zu sein. Niemand hat das verdient. Warum ist Burak nicht bei uns?“
Egal ob am Geburtstag oder an jedem anderen Tag denkt Melek darüber nach, warum das geschehen ist. „Viele Menschen wurden durch diese Tat verletzt, nicht nur unsere Familie. Warum gehen wir zu einem Grab? Das Leben ist nun ohne Sinn und leer. Es gibt nichts Positives mehr.“

Viele von Euch kannten Burak. Viele, die hier stehen, kannten ihn nicht. Wir treffen uns, um zu gedenken, daran zu erinnern, dass es Burak nicht mehr gibt, dass wir, dass vor allem seine Familie und seine Freund*innen nie mehr mit ihm feiern und lachen können. Wir treffen uns zu einem Geburtstag ohne Geburtstagskind. Wir gedenken an einen Mord an einem 22-Jährigen ohne Anlass. Einem Mord, der seit 13 Jahren nicht aufgeklärt wird und wir versprechen uns gegenseitig, dass wir gemeinsam alles versuchen werden, um den Mörder zu finden. Melike, Buraks Schwester hat das auf einem bundesweiten Tribunal auf die kürzeste Formel gebracht: Findet den Mörder!

Burak war 22 Jahre alt als er abends noch einmal mit Freunden raus ging. Seiner Mutter sagte er, dass er nicht lange bleiben werde, dass sie sich keine Sorgen machen solle. Er kam nicht zurück. Warum er ermordet wurde, weiß niemand. Hat jemand gesehen was geschah, wer der Mörder sein könnte? Vielleicht. Es gab Zeugen, die mit einem Auto in Richtung des Fluchtweges des Mörders gefahren sind. Sie haben damals nichts ausgesagt. Sie wurden aber auch nicht auf die Wichtigkeit ihrer Beobachtungen hingewiesen. Vielleicht erinnern sich diese Zeugen noch, vielleicht erfahren sie vom Gedenken an Burak und vielleicht werden sie eines Tages doch noch aussagen. Wir wissen nicht, wer sie waren aber sie wissen, dass sie angesprochen wurden von der Polizei.
So viele Morde passieren nicht in Berlin. So oft werden Zeug*innen einer solchen grauenhaften Tat nicht gesucht, die vor fast 13 Jahren verübt wurde. Wir suchen weiter, deshalb meldet Euch bei uns.

Viele Menschen in dieser Stadt und darüber hinaus sind jedes Jahr wieder entsetzt und fassungslos, dass der Mörder von Burak nicht gefunden wurde.

Die Staatsanwaltschaft behauptet sogar, dass der Mord an Burak „der perfekte Mord“ sei. Ein perfektes Verbrechen ist eines, dass nicht aufgeklärt werden kann. Vielleicht liegt das aber auch nur an der ganz und gar nicht perfekten Arbeitsweise der Polizei und der Staatsanwaltschaft.

Vor kurzer Zeit haben uns Aktivisten aus dem Saarland berichtet von einem Kampf, der 30 Jahre gedauert hat. Es gab 1991 eine Brandstiftung in Saarluis, bei dem Samuel Kofi Yeboah ermordet wurde.
Viele Jahre später ging eine Frau zur Polizei und berichtete, dass ihr ein Mann auf einer Party erzählt hatte, dass er der Brandstifter ist und dass die Polizei ihn nicht gefunden hat. Schließlich werden solche Taten begangen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Die suchte er scheinbar bei der Frau auf der Party. Die Frau hatte ein schlechtes Gewissen und konnte es wohl nicht mehr aushalten. Sie ging zur Polizei. Die Polizei ermittelte nach ihrer Aussage und ein Mann wird verurteilt. Das Urteil wurde im letzten Monat rechtskräftig. Der Täter muss ins Gefängnis. Wie im NSU Prozess, wie im Prozess zum Neukölln Komplex weigern sich die Strafverfolgungsbehörden Netzwerke und Mittäter*innen zu ermitteln oder auch nur danach zu fragen. Aber die Aktivist*innen aus dem Saarland gehen davon aus, dass ihre Gedenk- und Erinnerungsveranstaltungen dazu beigetragen haben, dass die Zeugin zur Polizei gegangen ist.

Wir haben eine Nachricht an den Mörder von Burak: Wir werden hier stehen und erinnern, dass es einen Mörder gibt und dass wir ihn finden werden. Wir wissen, dass wir nicht allein auf die Arbeit der Ermittlungsbehörden vertrauen können. Der Mörder weißt nicht, wer irgendwann reden wird. Jemand hält das Schweigen nicht mehr aus oder möchte einfach doch die Belohnung kassieren?

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Taten in Neukölln wurde auch eine zuständige Kommissarin befragt. Sie berichtete, dass die Ermittlungen zum Mord an Burak schlecht geführt wurden, vieles angefangen aber nicht zu Ende gebracht wurde. Alles musste noch einmal angeguckt werden. Die Kommissarin ordnete die Akten von Burak, führte sie endlich zusammen und fand dabei wesentliche Ermittlungslücken, die so nicht hätten passieren dürfen. Was die Mordkommission zuvor also in jahrelanger Arbeit nicht erreichte hatte wurde nun innerhalb von zwei Jahren geschafft. Und diese fehlerhafte Ermittlung kann nicht an fehlendem Personal gelegen haben, denn daraufhin werden die Zeug*innen der Ermittlungsbehörden im Untersuchungsausschuss regelmäßig befragt und sie verneinen die Frage ebenso regelmäßig.
Ebenso absurd ist aus dieser schlecht Ermittlung und der Nachermittlung die daraus geschlossene These: Wir haben nichts falsch gemacht. So konnten Staatsanwaltschaft und Polizei dann am 1. April 2022 behaupten, dass alle Ermittlungslücken geschlossen worden seien. Es war nachermittelt worden. Allerdings ohne Konsequenz und 10 Jahre zu spät. Zum 10. Todestag von Burak. Vielen Dank für dieses nutzlose Geschenk.

Wir wissen jetzt, was sie uns sagen wollten mit den Worten, dass es keinen Mord gibt in Berlin, für dessen Aufklärung soviel gearbeitet wurde. Wir wissen auch warum. Weil die Ermittlungsbehörden jahrelang nicht sorgfältig gearbeitet haben, weil sie angefangene Untersuchungen nicht zuende gebracht haben, Spuren nicht weiter nachgegangen sind. Weil sie Empfehlungen der eigenen Kolleg*innen nicht ernst genommen haben und einfach nichts gemacht haben. Weil sie Hinweisen aus der Bevölkerung nicht nachgegangen sind, sondern beschlossen haben, dass die nicht wichtig sind. Ohne Prüfung.

Es spielt keine Rolle, wenn ein einzelner Ermittler Nichts tut, wenn alles andere gut läuft. Wenn es eine Kontrolle gibt, wenn Fehler in den Ermittlungen zugegeben und korrigiert werden können. Wenn jemand sich für die Ermittlungen interessiert und nachfragt. Das hätte die Staatsanwaltschaft machen können und hat es nicht getan. Im Gegenteil hat der zuständige Staatsanwalt im Untersuchungsausschuss sogar zugegeben, dass er seine Aufgabe der Kontrolle nicht übernommen hat, weil eine Mordkommission ermittelt. Er hat sich eiskalt für nicht zuständig erklärt. Und er wird dafür nicht bestraft werden.

Und ja, wir haben den ermittelnden Behörden und den politisch Verantwortlichen auch viel Arbeit gemacht. Wir haben alle Fragen stellen lassen, die Allen von uns eingefallen sind. Alle Widersprüchlichkeiten dargestellt. Sie mussten und müssen immer noch in einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Und wir merken: Es könnte stimmen, was Melek sagt:
„Es ist ihnen egal, ob es einen Ausländer mehr oder weniger gibt.“
„Nie hätte ich mir vorstellen können, dass Buraks Mörder nicht gefunden wird. Natürlich ist das eine große Enttäuschung.“

Auch der Anschlag auf Burak und sein Freunde sollte ein Zeichen setzen. Welches wissen wir noch nicht. Was wir aber wissen ist, dass der Tathergang an eine NSU-Nachahmetat erinnert, an rechte Morde nach Konzept des Lonesome Wolve. Ein rassistisches Mordmotiv ist naheliegend. Alle anderen möglichen Mordmotive konnten seitens der Ermittlungsbehörden ausgeschlossen werden. In Richtung rassistisches Mordmotiv ist nicht ernsthaft ermittelt worden. Vielmehr weisen die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden auf strukturelles Versagen hin, wie es bei Morden bei Menschen mit Migrationsgeschichte vielfach rauskam. Hierzu zählen die NSU-Morde, die Morde rechten Terrors in München, Halle oder Hanau. Mit eurer solidarischen Unterstützung und mit eurer Geduld werden wir es erfahren auch wenn es 30 Jahre dauert. Aber sicher wissen wir, dass die Erwartungen des Mörders enttäuscht wurden. Er hätte nicht erwartet, dass an der Stelle seiner Tat eine Skulptur für Burak und andere Opfer rassistischer, rechter und antisemitischer Morde entsteht. Er hätte nicht erwartet, dass sich jedes Jahr mehrmals hier Leute treffen und an Burak erinnern und fordern, dass der Mord aufgeklärt wird.

Familie Bektaş sagt Danke für die jahrelange Unterstützung und danke dafür, dass Burak nie vergessen wird. Wir werden zusammen kämpfen bis der Mörder gefunden wird.
Wir laden euch ein, mit uns zum Anton-Schmaus-Haus zu gehen und dort bei Kaffee, Tee und Kuchen Buraks Geburtstag zu gedenken.

Das Anton Schmaus-Haus ist selbst wiederholt Ziel von rechten, rassistischen Anschlägen und Bedrohungen geworden. Dabei haben die Täter*innen bei mindestens einem der Brandanschläge den Tod von Kindern, die zu diesem Zeitpunkt im Haus waren, in Kauf genommen. Danke auch dem Schmaus-Haus, dass sie nicht aufgeben und dass wir seit vielen Jahren immer willkommen sind.

Fr. 14.02.2025 – Kundgebung am Geburtstag von Burak Bektaş

Freitag, 14. Februar 2025 / 17:00 Uhr / Gedenkort für Burak Bektaş – Rudower Straße / Möwenweg / Berlin-Neukölln (Süd)

Am 14. Februar 2025 wäre Burak 35 Jahre alt geworden.

An seinem Geburtstag kommen wir – Freund*innen, Familie, Unterstützende und Aktivist*innen – am Gedenkort zusammen, um Blumen niederzulegen und gemeinsam Burak zu gedenken. Wir zeigen, dass Burak unvergessen bleibt. Burak kann seinen Geburtstag seit dem 5. April 2012 nicht mehr feiern, er wurde im Alter von 22 Jahren ermordet. Der Mord an Burak Bektaş und der Mordversuch an vier seiner Freunde sind nach wie vor nicht aufgeklärt.

Buraks Todestag jährt sich dieses Jahr am 5. April zum dreizehnten Mal. 13 Jahre keine Aufklärung, keine Gewissheit, keine Sicherheit. 13 Jahre Kampf der Familie und Freund*innen für Aufklärung und gegen das Vergessen.

Seit Sommer 2022 gibt es einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), der “Ermittlungsvorgehen im Zusammenhang mit der Aufklärung der im Zeitraum von 2009 bis 2021 erfolgten rechtsextremistischen Straftatenserie im Bezirk Neukölln” untersuchen soll. Befragt wurden Betroffene des Neukölln Komplex, Polizei, Verfassungsschutz und aktuell die Staatsanwaltschaft. Die Morde an Burak Bektaş und Luke Holland wurden inzwischen behandelt. Wir wissen jetzt, dass nicht alle Tatzeugen beim Mord an Burak befragt wurden. Deshalb starten wir noch einmal einen Zeugenaufruf. Wir wissen, dass wir selbst aufklären müssen. Auf Polizei und Staatsanwaltschaft ist kein Verlass. Beenden wir die Straflosigkeit!

In Gedenken an Burak Bektaş.
Die Forderung nach Aufklärung bleibt.
Wir werden auch weiterhin fragen: War Rassismus das Motiv?

Bringt Blumen und Kerzen mit.