Archiv für den Monat: August 2024

Repressions- und Einschüchterungsversuch gegen Initiative 2. Mai Mannheim

Übernommen von Initiative 2. Mai Mannheim : „Wir wurden Opfer von angedrohten Unterlassungsklagen durch die Anwält*innen zweier Polizisten. Das Einforderern von Gerechtigkeit für Ante P. und Ertekin Özkan und unsere Kritik an der Aufarbeitung der beiden Todesfälle, stellen für uns keine Straftat dar.
Laut der Menschenrechtskommission des Europarats setzen immer öfter unethisch handelnde Akteur*innen juristische Mittel missbräuchlich zur Abschreckung der kritischen Öffentlichkeit ein.“

Übernommen von Initiative „Herkesin Meydanı — Platz für alle“ Köln : „Die beiden Polizisten, die wegen des Todes von Ante P. vor Gericht standen, bedrohen nach dem enttäuschenden Urteil die Initiative mit einer Unterlassungsklage.
Die Initiative habe alle Äußerungen zu unterlassen und entsprechende Textpassagen auf der Website zu löschen, in denen ein Zusammenhang zwischen dem Tod von Ante P. und dem Handeln der Polizisten suggeriert werde. Bei jeder Zuwiderhandlung werde eine Vertragsstrafe von 1500 Euro und zusätzliche Anwaltskosten fällig, heißt es in der Schrift des Anwalts der Polizisten.“- Den Beitrag weiterlesen.

Redebeitrag – Nazis klatschen, ja die Nazis haben viel zu klatschen auch in Berlin.

Redebeitrag bei der Kundgebung Nazis klatschen im Görlitzer Park am 17. August 2024:

Nazis klatschen, ja die Nazis haben viel zu klatschen auch in Berlin.

In Berlin gibt es seit dem 16. Juni 2022 einen Untersuchungsausschuss zum sog. „Neukölln-Komplex“, also dazu, dass – in unseren Worten – in Neukölln seit über einem Jahrzehnt Bedrohungen, Anschläge und Morde statt finden. Angegriffen werden migrantische, linke und antifaschistische Menschen, nur der Mord an Luke Holland am 20.9.2015 wurde (teilweise) aufgeklärt. Zumeist konnten die Täter straflos handeln. Durch zivilgesellschaftlichen Protest konnte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss durchgesetzt werden.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss soll über 120 Nazistraftaten zwischen 2009 und 2021 untersuchen. Wir beschränken uns im Folgenden auf den unaufgeklärten Mord an Burak Bektaş am 5.4.2012 und den Mordversuch an 4 seiner Freunde vor dem Krankenhaus Neukölln und den teilweise aufgeklärten Mord an Luke Holland am 20.9.2015 Ringbahnstraße Ecke Walterstraße direkt an der S-Bahn Neukölln.

Burak und seine Freunde waren abends am 4. April 2012 in Südneukölln und unterhielten sich und tranken etwas zusammen. Als um kurz nach ein Uhr sie sich eigentlich von einander verabschieden wollten, trat ein unbekannter Mann wortlos zu ihnen und erschoss Burak und verletzte 2 seiner Freunde lebensgefährlich. Sie konnten nur durch Notoperationen gerettet werden.

Luke Holland war das erste Mal in der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 in einer Kneipe Ringbahnstraße Ecke Walterstraße. Um 6 Uhr früh stand er vor der Kneipe und telefonierte mit einem Freund, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Als er das Telefonat beendete, wurde er vom Nazi Rolf Zielezinski mit einer abgesägten Schrotflinte aus nächster Nähe erschossen.

Das war öffentlich bekannt vor dem Untersuchungsausschuss.

Jetzt wissen wir zum Mord an Burak Bektaş:
Der Ermittler Kriminalkommissar Alexander Hübner führte die Ermittlungsakten so, dass die Ermittlerin, die den Mord an Burak Bektaş 2020 übernahm – also 8 Jahre nach dem Mord – 2 Jahre Akten zusammenführen und Nachermitteln mußte. Anfang 2022 ermittelte nochmals eine ganze Kommission mehrere Monate. Wobei die Kriminalkommissarin vor dem Untersuchungsausschuss sagte, es sind 3 Tatortzeugen nicht bekannt. Also die Tatortermittlungen waren so schlecht, dass die Polizei weiß, dass 3 Menschen während des Mordes an Burak Bektaş am Tatort waren, die sie nie befragt haben, obwohl diese höchstwahrscheinlich noch da waren, als die Polizei am Tatort eintraf.

Der ermittelnde Mordkommissar Thomas Rakel berichtete vor dem Untersuchungsausschuss:
Die Polizei durchsuchte 3 Stunden nach dem Mord an Luke Holland am 20. September 2015 die Wohnung von Rolf Zielezinski. Direkt an der Wohnungstür wurden sie von einem großformatigen Bild von Hitler und anderen führenden Nazis begrüßt. In der Wohnung waren viele weitere Nazidevotionalien, Waffen und 1 Kilo Schwarzpulver. Sie informierten den Staatsschutz und fragten, ob der bei der Wohnungsdurchsuchung dabei sein wolle. Der Staatsschutz verneinte, sie sollen aber Fotos machen. Die Polizei fanden u.a. einen Revolver, der als Mordwaffe bei der Ermordung von Burak Bektaş in Frage kam. Dies war den anwesenden Polizisten auch bewusst. Aber da der Lauf zugeschweißt war, gingen sie in den folgenden Ermittlungen davon aus, das mit dieser Waffe nicht Burak Bektaş ermordet wurde. Obwohl der Lauf eines Revolvers ausgewechselt werden kann.
Die Polizei fand auch Telefonbücher und weitere Informationen über die Bekanntschaften von Rolf Zielezinski. Diese nahmen sie aber nicht mit, sondern ließen sie in der Wohnung liegen. Der Staatsschutz war ja nicht interessiert und sie nur für die Sicherung der Waffen etc. als „normale Polizei“ zuständig. Später befragte die Mordkommission die Ex-Lebensgefährtin zu Rolf Zielezinskis Umfeld, ihre Vorschläge waren dann das „Umfeld“, das vor dem Landgericht Moabit befragt wurde, im Prozess gegen den Nazi Rolf Zielezinski, der Luke Holland ermordete.
Die Polizei sichtete weder die Bücher, noch die Adressen oder die Nazidevotionalien. Sie behaupteten, Rolf Zielezinski sei ein Einzeltäter, ohne Kontakt in Nazistrukturen. Außerdem sei seine nationalsozialistische Gesinnung nicht eindeutig genug, Luke passe auch nicht in das Bild eines „Ausländerfeindes“ wegen seinem „mitteleuropäischen Aussehen“, deshalb sei der Mord an Luke Holland ein Mord ohne Motiv. Dabei blieben der damalige Ermittler Thomas Rakel und damals verantwortliche Staatsanwalt Michael von Hagen auch vor dem Untersuchungsausschuss. Beide sind inzwischen aufgestiegen.

Der ehemalige Leiter der Mordkommission Burak Bektaş Alexander Hübner stieg 2020 als leitender Ermittler beim Staatsschutz für politisch motivierte Kriminalität – Rechts auf. Im September 2023 wurde bekannt das er 387 rechte/rassistische Straftaten nicht verfolgte. Die Polizeipräsidentin von Berlin Babara Slowik sagte, es gäbe kein politisches Motiv, bei der Nicht-Ermittlung in 387 rechten/rassistischen Straftaten. Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Zeugin behauptete sie gar, für die Verweigerung der Arbeit des Polizeibeamten nicht verantwortlich zu sein.

Ab 6. September geht der parlamentarische Untersuchungsausschuss weiter. Beamte vom Staatsschutz und VS werden als Zeugen geladen, anschließend dann Staatsanwälte…
Der Untersuchungsausschuss „Neukölln-Komplex“ zeigt, dass diese Institutionen mehr zivilgesellschaftliche Kontrolle und weniger Geld, Befugnisse und Personal brauchen oder anders gesagt: Eine Polizei außerhalb jeglicher Kontrolle muß aufgelöst werden!

Wir sehen uns bei den kommenden Protesten gegen den Zaunbau im Görli und/oder vor und in dem Abgeordnetenhaus beim Untersuchungsausschuss „Neukölln-Komplex“.

Redebeitrag zum OEZ-Anschlag-Gedenken am 22.07.2024 – 17 Uhr in München (& in Berlin am Oplatz) – „We will shine for these Nine“

Am 22.7.2024 jährte sich der rechtsterroristische Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München zum achten Mal. Wir erinnern an: Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabine, Selçuk und Sevda.
Mehr Informationen unter: muenchen-erinnern

Bei der Kundgebung in Berlin auf dem Oranienplatz konnten wir einen Redebeitrag halten:

Wir sind von der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş aus Berlin und freuen uns, das nicht nur in München den Opfern des OEZ-Anschlags gedacht wird und wir euch so von hier aus solidarische Grüße senden können und sagen:

Liebe Eltern, liebe Angehörige, liebe Überlebende und liebe Unterstützer*innen der Initiative München erinnern,

gemeinsam wollen wir heute mit euch euren Liebsten, den Ermordeten des rechten Terroranschlags vom 22. Juli 2016 gedenken. Sie wurden vor 8 Jahren gewaltsam aus ihrem Leben, aus eurem Leben gerissen. Wir trauern um Armela Segashi, Can Leyla, Dijamant Zabërgja, Guiliano Kollmann, Hüseyin Dayıcık, Roberto Rafael, Sabine S., Selçuk Kılıç und Sevda Dağ.

Das Motiv des Täters war antimuslimischer Rassismus und Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja. Dass der Anschlag nun auch als ein rechter Terroranschlag anerkannt und bekannt ist, ist euch, Angehörige, Überlebende und solidarischen Menschen zu verdanken.

Euer Kampf um Aufklärung, euer Aufstehen für eure Liebsten kostet Kraft, sehr viel Kraft. Und er ist nicht nur wichtig für euch, sondern für uns alle. Zurecht sagt ihr, es ist nicht nur eure Geschichte. Rechter Terror, Rassismus, antimuslimischer Rassismus, Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja und Antisemitismus trifft uns alle, ob in München, Bayern, bundesweit oder weltweit.

Der Anschlag von vor 8 Jahren ist vielen Menschen in München präsent, sie erinnern sich, was sie gemacht haben, wo sie waren, um wen sie Angst hatten. Die überwiegende Mehrheit der Menschen war erleichtert, dass niemand aus ihrem nahen Umfeld betroffen war und es blieb für sie eine Erinnerung ohne Konsequenzen. Ihr aber, Angehörige, Betroffene und Überlebende des Terroranschlags wurdet in eurer Trauer alleine gelassen und ebenso im Kampf um Erinnerung, Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen. Euer Wunsch und eure Forderung ist es, dass sich eure Mitmenschen in München und bundesweit solidarisieren.

Auch die Familie von Burak Bektaş aus Berlin-Neukölln fordert Solidarität. Gemeinsam mit der Familie von Burak und anderen solidarischen Menschen versuchen wir von der Burak-Initiative zu verhindern, dass der Mord an Burak Bektaş vergessen wird und fordern Aufklärung und Solidarität. Burak wurde am 5. April 2012 im Alter von 22 Jahren ermordet. Der Mord an ihm und der Mordversuch an 4 seiner Freunde vor nun über 12 Jahren ist bis heute nicht aufgeklärt. Die Selbstenttarnung des NSU lag zum Zeitpunkt des Mordes nur wenige Monate zurück. Der Tathergang entsprach dem des NSU. Die Berliner Ermittlungsbehörden haben sich jedoch geweigert, ein rassistisches Mordmotiv zu verfolgen. Auch müssen wir aktuell den parlamentarischen Untersuchungsausschuss immer wieder dazu auffordern, die rechten, rassistischen Strukturen in den Berliner Ermittlungsbehörden zu sehen und zu untersuchen. Ansonsten können die über 100 unaufgeklärten rechten, rassistischen und antisemitischen Verbrechen und die beiden Morde an Burak und Luke Holland in Berlin-Neukölln nicht aufgeklärt werden.

Die Stimmen der migrantischen Communities haben sich seit Jahrzehnten klar zu rechter, rassistischer Hetze und Gewalt geäußert. Staatliche Vertreter*innen, Medien und weite Teile der Mehrheitsgesellschaft dagegen versuchen diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Nach der Selbstenttarnung des NSU initiierten Angehörige und Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2014 eine bundesweite Vernetzung. Hieraus sind auch Veranstaltungen wie die NSU-Tribunale entstanden. Die NSU-Tribunale gehen Forderungen der Angehörigen nach, Forderungen, die weder Staat noch Gerichte als Aufgabe für sich auch nur ansatzweise begreifen.

Melek Bektaş, Buraks Mutter sagte in ihrer Rede auf dem NSU-Tribunal 2017 in Köln:

„Ich habe hier gesehen, wie viele Opfer es gibt. Wie viele gibt es noch von ihnen, von denen wir noch nichts wissen? Wenn wir schweigen, wird das immer wieder passieren. Jetzt ist die Zeit unseres Schweigens vorbei, wir werden nicht mehr schweigen. … Dieses System des Rassismus soll nicht so weitergehen. Ich habe hier gesehen, wenn wir Hand in Hand gehen, dann werden wir stärker.“

Ihr, die Initiative München erinnern, seid bundesweit vernetzt. Ihr erhebt laut eure Stimmen und kämpft mit anderen solidarisch an ihrer Seite. Euer Scheinen ist keine Zukunft, sondern Gegenwart. Und eurer Liebsten wird heute bundesweit an vielen Orten erinnert, ihre Namen genannt. So auch hier am Oplatz zeitgleich mit der Gedenkveranstaltung in München und an anderen Orten – und wir sagen:

We shine for Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabina, Selçuk und Sevda.

Für eine gegenseitige Anteilnahme und gegen das Vergessen!

Für eine Gesellschaft, in der sich alle solidarisieren wenn es zu rechter Meinungsmache, rassistischer Hetze, rechter und faschistischer Gewalt kommt. Euer Kampf sollte unser aller Kampf sein!

Alle gemeinsam gegen den Faschismus!