Archiv für den Monat: Februar 2023

Berufungsprozess des Polizisten Stefan K. – Wir fordern Gerechtigkeit für Jamil Amadi

28.2. / 14.3. / 16.3. jeweils 9:30, Saal C 103 Amtsgericht Tiergarten, Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin

Seit 6 Jahren wartet Jamil Amadi, geflüchtet aus Afghanistan, auf Gerechtigkeit. Im April 2017 wurde er am S-Bahnhof Berlin-Karlshorst von drei Personen angegriffen und schwer verletzt. Einer der Täter ist Stefan K., ein Berliner Polizist, der privat unterwegs war.

Besonders brisant: Stefan K. war bis 2016 bei der Berliner Polizei ausgerechnet in der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus (EG Rex) eingesetzt. Diese Sondereinheit der Berliner Polizei war für die Ermittlung der bis heute nicht aufgeklärten rechtsterroristischen Anschlagserie in Neukölln zuständig [link].

Jamil Amadi wurde 2020 während des laufenden Verfahrens gegen Stefan K. nach Afghanistan abgeschoben.

2022 wurde Stefan K. schuldig gesprochen [link], die rassistische Motivation seiner Tat ausdrücklich vom Gericht benannt. Stefan K. legte jedoch Berufung ein. Das Berufungsverfahren startete am 21.2.23 um 9:30.

  • Wir fordern Gerechtigkeit und Entschädigung für Jamil Amadi und seine Rückholung nach Berlin.
  • Außerdem fordern wir eine wirksame Bleiberechtsregelung für alle Opfer von rassistischer Gewalt.
  • Nicht zuletzt fordern wir, dass die Polizeipräsidentin disziplinarrechtliche Konsequenzen gegen Stefan K. zieht, denn er hat das durch die massiven Ermittlungsfehler bei der Aufklärung des Neukölln-Komplexes ohnehin schwer erschütterte öffentliche Vertrauen in die Polizei zusätzlich beschädigt. Das milde Urteil und seine Berufung dagegen tragen nicht dazu bei, dieses wiederherzustellen.

Kommt zum Prozess und unterstützt Jamil und unsere Forderungen.

[ übernommen vom Flüchtlingsrat Berlin ]

Gerichtsverfahren gegen den Polizeibeamten W. wegen rassistischer Äußerungen bei einer Mahnwache von BASTA vorm LKA

01.03.2023 von 8:30 bis 9:30 Kundgebung Verwaltungsgericht Berlin Kirchstr. 7, 10557 Berlin
ab 9:30 h Prozess

Zur Erinnerung:

Am 20.06.2019 hat sich der Polizeibeamte W. bei unserer wöchentlichen Mahnwache vorm LKA gegenüber BASTA rassistisch geäußert. Die Staatsanwaltschaft hat darin keine Volksverhetzung oder Beleidigung gesehen. Es wurde kein Strafverfahren eröffnet. Allerdings wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. 4 Vertreterinnen von BASTA wurden zeitnah als Zeuginnen vernommen.

„Schon“ knapp 4 Jahre später findet in dieser Sache eine Gerichtsverhandlung statt. Die 4 Vertreterinnen von BASTA sind wieder als Zeuginnen geladen. Die Gerichtsverhandlung nehmen wir zum Anlass, eine Demonstration vor dem Verwaltungsgericht anzumelden.

Wir gehen davon aus, dass der Polizeibeamte W. seine bisherige Tätigkeit weiter ausübt. Das ist nicht hinnehmbar. Es ist gefährlich für die Demokratie.

Bitte unterstützt uns bei unserer Demo am 01.03.2023 von 8:30 bis 9:30 Verwaltungsgericht Berlin Kirchstr. 7, 10557 Berlin und kommt zahlreich. Die öffentliche Verhandlung beginnt um 9:30 Uhr.

[ übernommen von BASTA – wir haben genug ]

Kritik – Protest – Veränderung: die Audio-Serie zum Neukölln-Komplex

Es geht um durchhalten, Mut und Solidarität!

Als Neukölln-Komplex wird eine Terrorserie in dem Berliner Stadtteil bezeichnet, bei der Neonazis seit 2009 wenigstens 200 Anschläge verübten. Dazu zählen die Morde an Burak Bektaş und Luke Holland, etliche Brandstiftungen und Drohungen, sowie Sachbeschädigungen durch zahlreiche gesprühte nationalsozialistische Symbole und Neonazi-Sticker. Trotz klarer Hinweise auf bekannte Neonazis aus Neukölln und ihre Netzwerke erfolgte so gut wie keine Aufklärung dieser Taten. Bekannt wurde zudem zahlreiches Fehlverhalten von Mitarbeiter*innen der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden. weiterlesen bei https://neukoelln-komplex-audio.com/

und vor allem HÖREN…

bisher sind 5 Folgen online:

Gedenken 19. Februar 2023 Hanau – Grussworte der Burak-Initiative

https://19feb-hanau.org/

In Berlin beteiligten sich an mehreren Orten tausende von Menschen an Kundgebungen und einer Demonstration 3 Jahre nach den rassistischen Morden von Hanau.

Rede als Audio: link / mp3

Liebe Angehörige und Freund*innen,
von Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz,
Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin,
bundesweit, überall in Deutschland, haben wir uns heute versammelt, um Eurer Liebsten, die ihr verloren habt, aufgrund des rassistischen Terroranschlags in Hanau vor 3 Jahren, zu gedenken.
Liebe Angehörige und Freund*innen von Opfern rechten Terrors und Gewalt und Betroffene,
Liebe Initiativen, Liebe solidarische Menschen,
alle wissen, Hanau war kein Einzelfall! Von Halle bis Hanau bis München, von Mölln bis Nürnberg, und Nürnberg bis Hamburg oder von Kassel bis Berlin haben wir uns vereint. Wir erinnern in Kontinuität, wir Erinnern in politischer Gedenkkultur und wir sind solidarisch und vereint in unseren Forderungen.
Wir fordern Veränderung.

Es ist die Politik, die all diese Verbrechen ermöglicht. All das Leiden über den Verlust eines geliebten Menschen und das Leid, das über die Angehörigen und Betroffenen von rassistischen und rechten Morden und Gewalt einbricht, kalkuliert. Alle wissen darum, über strukturellen Rassismus, all diese Behördenversagen, das Vertuschen und Verdecken… Das war vor Hanau so, das war in Hanau so und das ist nach Hanau noch immer so. Wir wollen keine leeren Versprechen, wir wollen Veränderung.
Wir werden immer wieder sagen: Das Problem ist das rassistische System.
Und wir werden es immer weitersagen, bis sich das ändert.

Familie Bektaş kämpft nun seit fast 11 Jahren für Aufklärung des rassistischen Mordes an ihrem geliebten Sohn, Bruder, Freund. Am 5.April 2012 wurde Burak ermordet. Ein Täter ist bis heute nicht ermittelt. Die Tat ereignete sich kurze Zeit nach dem Auffliegen des NSU-Komplex. Ein Täter kam auf eine Gruppe von 5 Jugendlichen, die sich an einer Bushaltestelle in Berlin-Neukölln unterhielten, zu, und schoss auf die Gruppe der Jugendlichen. Burak starb an seinen Verletzungen, zwei seiner Freunde überlebten schwerverletzt. Einem rassistischen Mordmotiv wurde in den Ermittlungen nicht ernsthaft nachgegangen, die Ermittlungen verschleppt. Wir kämpfen als Burak-Initiative zusammen mit Familie Bektaş, dass der Mord an Burak nicht in Vergessenheit gerät. Wir fordern Aufklärung. Und wir fordern Gerechtigkeit. Selbst wenn bei rassistischen/rechten Morden die Täter verurteilt werden, kommen diese oftmals mit geringen Strafen davon, da die Justiz Hasskriminalität als solche oftmals nicht anerkennt, so wie es geschah im Fall des Mordes an Luke Holland in Berlin Neukölln 2015.

Für die Angehörigen und Betroffenen gibt es kaum Worte, die das wiedergeben könnten, was ihnen/euch angetan wurde. Familie Bektaş kämpft unermüdlich für Aufklärung auch in dem Parlamentarischen UA in Berlin zum Neukölln-Komplex. Wir erleben immer wieder, wie rassistische Morde und Gewalt verharmlost, verschleppt und gedeckt werden. Täter werden ermutigt weiterzumachen. Strukturen und Netzwerke in Sicherheitsbehörden, Justiz, Polizei und Staat tragen ihren Teil dazu bei. Melek Bektaş sagte auf dem Tribunal-NSU-auflösen in Köln, 2017: „Kein Schweigen, sondern Kampf, damit keine weiteren Burak´s sterben.“ Dass stille Schweigen, dass in Deutschland herrschte, ist durchbrochen. Überall erheben wir unsere Stimmen gegen das Schweigen. Wir klagen an. Wir fordern Aufklärung und Konsequenzen. Und wir fordern Gerechtigkeit. Vernetzt und solidarisch sind wir unüberhörbar. Und so rufen wir die Zivilgesellschaft auf, sich solidarisch an die Seite der Angehörigen von Opfern rassistischer und faschistischer Morde und Gewalt und die Betroffenen, zu stellen. Verändern heißt kämpfen. Verändern heißt Solidarität.

Am 5.4. jährt sich der Tag der Ermordung von Burak zum 11.Mal. Wir rufen dazu auf, dass an diesem Tag bundesweit Menschen Burak auf ihre Weise gedenken. Bitte achtet auf unsere Ankündigungen.

14.2.2023 – Rede der Initiative an Buraks Geburtstag

Rede als Audio: link / mp3

Liebe Familie Bektaş, liebe Angehörige liebe Freunde und Freundinnen,
unsere Kundgebung heute findet anlässlich des Geburtstages von Burak statt.
Sie ist überschattet von dem Erdbeben und den tausenden von Toten in der Türkei und in Syrien. Viele unserer Freund*innen haben Verwandte und Freunde verloren. Es ist schwer erträglich, nicht mehr machen zu können, als zu spenden und zu trösten. Wir wollen eine Minute für beide Anlässe schweigen.

(nach 1 Minute) Danke

Wir wollten trotzdem unsere seit 2013 bestehende Tradition beibehalten und den Geburtstag von Burak in einen angemessenen Rahmen begehen.

Heute wäre Burak 33 Jahre alt geworden. Aber er wurde am 5. April 2012, wenige Schritte von hier, erschossen. Sie waren fünf junge Männer, die zufällig an dieser Stelle standen, als unvermittelt auf sie geschossen wurde und Burak tödlich verletzt wurde. Zwei der Freunde wurden lebensgefährlich verletzt. Diese Tat ist so unfassbar niederträchtig und hinterhältig und wird ihre Wirkung auf die Familie und alle Freunde und Freundinnen niemals verlieren.

Wir von der Initiative für die Aufklärung des Mordes haben Burak nicht kennengelernt. Burak wird beschrieben als ein fröhlicher, lustiger Mensch, der seine Familie sehr liebte und das auch täglich zeigte. Seine Zukunft wurde ausgelöscht und die seiner Freunde und seiner Familie durch dieses schreckliche Erlebnis für immer geprägt.
Kein Tag vergeht, an dem wir nicht darüber nachdenken, warum diese Tat den jungen Männern geschehen ist. Es gibt keine Erklärungen. Und kein Tag vergeht, an dem wir nicht überlegen, wie diese Tat noch aufgeklärt werden könnte.

Wir treffen uns immer an Buraks Geburtstag an dieser Stelle, um mit euch zusammen zu erinnern und um anzuklagen: Findet seinen Mörder!

Der Tathergang erinnert an die Morde des NSU. Ein halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 ist die Idee einer Nachahmungstat naheliegend.

Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, gehen wir davon aus, dass Rassismus das Motiv ist.

Dieses Jahr jährt sich der Todestag von Burak zum 11. Mal. – Seit 11 Jahren stehen Menschen an diesem Ort und erinnern an ein Verbrechen, das noch immer nicht aufgeklärt wurde. 11 Jahre Kampf der Familie und Freund*innen für Aufklärung und gegen das Vergessen.
11 Jahre keine Aufklärung, keine Gewissheit, keine Sicherheit.

Vielleicht läuft der Mörder hier im Bezirk immer noch herum. Vielleicht steht er im Supermarkt mit uns an der Kasse. Vielleicht verdreckt und beschädigt er regelmäßig unseren Gedenkort.
Vielleicht war es aber auch – wie viele vermuten – Rolf Zielezinski und sitzt noch eine Weile im Knast. Er hat 2015 den Briten Luke Holland in der Ringbahnstraße erschossen und wurde dafür zu 11 Jahren und 7 Monaten Haft verurteilt. Er handelte ähnlich wie der Mörder von Burak. Er ist dem Alter, wie der Mörder von Burak beschrieben wird.
Die Polizei sah lange Zeit keinen Zusammenhang zwischen den beiden Morden. Als sie die Gelegenheit hatte, Zielezinski zu befragen, kann sie auch nur zur Kenntnis nehmen, dass er sagt, er wars nicht. Beweise gibt es nicht. Nicht für Zielezinski als Mörder von Burak, nicht dagegen.
Nach vielen Fragen an den Senat, Gesprächen mit Ermittlern und der Generalstaatsanwältin sah sich die Mordkommission schließlich doch noch motiviert lange Liegengelassenes und Eingefordertes abzuarbeiten. Das haben sie nun gemacht ohne Ergebnisse. Der Mörder ist nicht ermittelt. Mit jedem Tag der vergeht, wird die Chance geringer, den Täter zu finden.

Die Familie und wir alle haben das Recht zu wissen, wer Burak ermordet hat. Wer läuft durch Neukölln und schießt auf junge Menschen? Welches andere Motiv sollte denkbar sein als Rassismus und Nationalismus.

Seit vielen Jahren sind wir auch Zeug*innen einer rechten Anschlagsserien mit Bedrohungen, Brandanschlägen und Angriffen in diesem Bezirk. Neukölln gehört den Bezirken mit einer hohen Zahl an rechten und rassistischen und Angriffen wegen der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts. Die meisten dieser Taten werden ebenfalls nicht aufgeklärt. Vom Neukölln-Komplex sprechen wir im Zusammenhang mit den vielen Angriffen auf Aktivistinnen, die sich gegen Rechtspopulismus, Nazismus und Rassismus ausgesprochen haben, Veranstaltungen organisiert haben und dem rechten Mob ein anderes Neukölln entgegenstellen. Das ist inzwischen ein Teil es Alltags.
Antifaschistische Recherchen weisen immer wieder auf das gleiche Täterspektrum hin, das mit diesen Anschlägen, diesem Terror zu tun hat. Aufgeklärt wird die Anschlagsserie trotzdem nicht. Warum? LKA, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft sind selbst in den Neukölln-Komplex verstrickt. Es fehlt der Wille zur Aufklärung. Ein Prozess gegen Hauptverdächtige ging in diesen Fällen mit Freispruch zuende. Wie sollte auch verurteilt werden, wenn niemals korrekt ermittelt wird. Immerhin fühlt sich das Gericht inzwischen genötigt eine erklärende Pressemitteilung zu veröffentlichen.

Diesen Unwillen zur Aufklärung der ganzen Wahrheit kennen wir auch von anderen rechten Anschlägen wie in München, Halle oder Hanau.

Die jahrelange Forderung nach der Einsetzung eines Untersuchungsausschuss wurde im letzten Jahr erfüllt. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss soll „die rechtsextreme Anschlagserie in Neukölln, ihre Hintergründe und mögliche Fehler bei den Ermittlungen aufarbeiten“.

Der Mord an Burak und an Luke Holland sind Teil des Auftrages des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses geworden. Wir stellen unsere Fragen und das werden das erneute Ausbleiben von Antworten anprangern. Der PUA wurde in offenen Briefen kritisiert und scheint mindestens in Teilen die Kritik aufgenommen zu haben. Die betroffenen ZeugInnen wurden befragt. Der Auftrag ist klar. Wir sind gespannt, wie es jetzt weitergehen wird.

Die Skulptur trägt den Titel „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“ und erinnert damit an den Mord an Burak und alle die anderen nicht aufgeklärten rechten Taten. Der Gedenkort soll an die Geschichte des Mordes und des Kampfes für die Aufklärung von Burak Bektaş erinnern und sie im Gedächtnis der Stadt verankern. Er soll darüber hinaus auf die weiteren unaufgeklärten Morde an Menschen mit Migrationsgeschichte, auf den strukturellen Rassismus verweisen, den Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Color in unserer Gesellschaft erleben. Wir müssen es nun noch schaffen, diesen Platz zu einem Ort des lebendigen Gedenkens werden zu lassen.
Der Gedenkort und jede unserer Versammlungen, Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen sind Zeichen dafür, dass die Rechnung der Täter*innen und die der Ermittlungsbehörden nicht aufgehen wird. Wir werden nicht nachlassen mit unseren Forderungen nach Aufklärung. Die Teilnahme an den bundesweiten Vernetzungstreffen hat uns stärker gemacht. Wir wissen viele Betroffeneninitiativen an unserer Seite, wir tauschen uns aus und entwickeln gemeinsame Forderungen.

Nichts wird vergessen und kein Gras wird über die Taten der Rassisten, der Nazis wachsen.

Am 5.4. jährt sich der Tag der Ermordung von Burak zum 11. Mal. Wir rufen dazu auf, dass an diesem Tag bundesweit Menschen Burak auf ihre Weise gedenken und Bilder davon mit uns teilen. Achtet auf unsere Ankündigungen.

Wir danken Euch, dass ihr immer wieder an diesem Ort mit uns zusammenkommt und die Erinnerung an den Mord und die vielen anderen Taten aufrechterhaltet.